„Als der Geist der Gemeinschaft eine Sprache fand“, 1984
Sprache im Nationalsozialismus. Versuch einer historischen Argumentationsanalyse

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Language: German

54.22 €

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Publication date:
261 p. · Paperback
Anlaß für dieses Buch war der fünfzigste Jahrestag der Machtübergabe an die Nationalsozialisten in Deutschland: Entsprechend der medienweiten Beschäf­ tigung mit dem Nationalsozialismus veranstaltete ich im Sommersemester 1982 ein Seminar, das die Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit den sprachlichen Verhältnissen im deutschen Faschismus bieten sollte. Die Zielsetzung dabei war doppelt: Einerseits sollte gerade in der Perspektive des Deutschunterrichts eine Zugangsweise zu diesem Problemfeld gefunden werden, die nicht nur ein­ schlägige Zitate zum Vorwand für die üblichen Sprachanalysen nimmt; ande­ rerseits galt es, das analytische Rüstzeug einer "Minimal-Sprachwissenschaft" gerade auch solchen Studenten verfügbar zu machen, die zwar an einem sol­ chen Thema, nicht aber eigentlich an der Sprachwissenschaft interessiert sind. Das Ergebnis hat mich ermutigt, das vorliegende Manuskript auszuarbeiten, und auch einem allgemeinen Publikum vorzustellen. Die Beschäftigung mit dem Gegenstand ist allerdings nicht an den aktuel­ len Kontext gebunden: Wahrscheinlich ist sie bei allen meiner Generation kon­ stitutiver Bestandteil der eigenen Biographie. Als Frage "Was habt Ihr damals gemacht?" bestimmte und blockierte sie die Auseinandersetzung mit der El­ terngeneration und formte so die Entwicklung einer eigenen Identität, seit diese Frage auftauchte. Die Erfahrung der Unmöglichkeit, auf diese Frage eine befriedigende Antwort zu bekommen oder auch nur ein Gespräch zu führen, war für mich zugleich die Entdeckung des Gegenstandes Sprach- und sicherlich eine wichtige Motivation, aus diesem Gegenstand dann eine Berufsaufgabe zu machen.
1. Einleitung.- 2. Zum methodischen Vorgehen.- 3. „Eure geringen Bemühungen sichern einen großen Erfolg“: Texte aus dem hauswirtschaftlichen und bäuerlichen Bereich.- 4. „Sozialistischer Angriff“: Nationalsozialistische Argumentation im Betrieb.- 5. „Sie sind alle nur Teil eines gesamten Größeren“: Hitlers Rede auf dem Erntedankfest 1937.- 6. „Dein Körper gehört Deiner Nation“: Texte aus der Hitlerjugend.- 7. „Vor der Fahne der Jugend sind alle gleich“: Eine Rede des Reichsjugendführers von Schirach 1938.- Anhang: Sakrale Konnotationen in der Sprache von Nationalsozialisten.- 8. „Wir gliedern uns nicht ein“: Rebellion — gegen die HJ und mit ihr.- 9. Ergebnisse. Zusammenfassende Darstellung der Analysen nationalsozialistischer Texte.- 10. Theoretischer Versuch über die sprachlichen Verhältnisse im Faschismus.- Anhang Eine Bewährungsprobe für die Sprachwissenschaft: Sprache im Nationalsozialismus und ihre Analyse.- 1. Vorbemerkung zum methodischen Problem.- 2. Philologie als Abwehrmechanismus: Viktor Klemperers LTI.- 3. Sprachkritik in elitärer Distanz: Die Manipulationstheorie.- 4. Die begrifflichen Vorgaben des Strukturalismus: Sprachpraxis und Konnotationsanalyse.- 5. Diskursanalyse.- 6. Die Genese des faschistischen Diskurses als „stummer Gast“ der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen: Jean Pierre Faye.- 7. Sprache als „Arena des Klassen kampfes“: Der theoretische Ansatz Valentin Vološinovs.- 8. Die „Absperrung des Universums der Rede“: Herbert Marcuses „Eindimensionaler Mensch“.- 9. Schlußbemerkung.- Erwähnte Literatur.